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Donnerstag, 19. September 2013

Das wertvollste Geschenk... 


Es war schon eine Weile her, seit Robert den alten Mann zuletzt getroffen hatte. 

Das Studium, Frauen, die Karriere. Robert war aus seinem Heimatort weggezogen und
lebte heute am anderen Ende der Republik. 

Robert hatte wenig Zeit, um über Vergangenes nachzusinnen, 
manchmal fehlte ihm sogar die Zeit für seine Frau und seinen eigenen Sohn. 
Er arbeitete an seiner Zukunft und nichts konnte ihn davon abbringen.

Eines Tages erhielt er einen Anruf seiner Mutter. 
Sie erzählte ihm, dass Herr Roosen am Abend zuvor gestorben war, 
und dass die Beisetzung am darauf folgenden Mittwoch stattfinden sollte.

Erinnerungen tauchten auf und Robert saß still da, und erinnerte sich an seine Kindheit. 
"Hast du gehört, was ich dir gesagt habe?" fragte seine Mutter.
"Aber ja, sicher", antwortete Robert, "ich habe lange nicht mehr an ihn gedacht - 
um ehrlich zu sein: ich dachte, er sei schon seit einigen Jahren tot."
"Nun, aber er hat dich nicht vergessen. 
Immer, wenn ich ihn sah, fragte er nach dir. 
Er schwärmte von den vielen Stunden, die du damals bei ihm drüben 
verbracht hast, 'auf seiner Seite des Zauns', wie er es nannte", 
fuhr seine Mutter fort.

"Das alte Haus, in dem er lebte, war einfach genial", sagte Robert. 
"Weißt du, als dein Vater starb, kam Herr Roosen vorbei und meinte, 
es sei sehr wichtig, dass es auch einen männlichen Einfluss
in deinem Leben geben sollte," sagte Roberts Mutter.

"Ja, er hat mir viel beigebracht. Ohne ihn hätte ich meinen heutigen Beruf nie erlernt. 
Er hat sehr viel Zeit damit zugebracht, mir alles zu vermitteln, was er für wichtig hielt. 
Ich werde zur Beerdigung kommen."

Obwohl er sehr unter Termindruck stand, hielt Robert sein Versprechen. 
Er nahm den nächsten Flug in seine Heimatstadt. 
Die Beisetzung des Herrn Roosen war sehr schlicht. 
Er hatte keine eigenen Kinder und die meisten seiner Verwandten waren längst verstorben.

Am Abend vor seinem Rückflug besuchte Robert mit seiner Mutter 
noch einmal das alte Haus, in dem Herr Roosen all die Jahre gelebt hatte. 
Er blieb auf der Türschwelle stehen. 
Es war wie eine Zeitreise, als öffnete sich eine andere Dimension. 
Das Haus war genau so, wie Robert es in Erinnerung hatte. 
Jeder Schritt, den er darin machte, weckte längst vergessene Erinnerungen. 
Jedes Bild, jedes Möbelstück erzählte Geschichten. Robert hielt abrupt inne.

"Was ist los?" fragte seine Mutter.
"Die kleine Schatulle ist weg!" antwortete Robert.
"Welche Schatulle?"
"Es gab eine kleine goldene Schatulle, die er immer verschlossen hielt - 
sie stand immer hier auf dem Schreibtisch. 

Ich habe ihn bestimmt tausend Mal gefragt, was drin ist. 
Aber er sagte nur immer: das, was mir am wertvollsten ist."
Die Schatulle war fort. Alles andere im Haus war genau so,
wie Robert es in Erinnerung hatte. Alles bis auf die Schatulle. 

Robert vermutete, dass ein Familienangehöriger diese Schatulle mitgenommen 
haben musste.

Traurig sagte er: "Nun werde ich niemals erfahren, was für ihn am wertvollsten war." 
Robert war müde, also kehrte er mit seiner Mutter zurück nach Hause 
und flog am nächsten Tag zurück in seine Wahlheimat.

Etwa zwei Wochen nach Herrn Roosens Tod fand Robert 
einen Benachrichtigungsschein in seinem Briefkasten. 
Der Postbote hatte ihn nicht angetroffen und das Päckchen wieder mitgenommen. 

Als Robert ganz früh am nächsten Morgen zum Postamt fuhr, 
überreichte ihm der Schalterbeamte ein Päckchen, das so aussah, als sei es hundert 
Jahre unterwegs gewesen. 
Die Handschrift des Absenders war kaum zu entziffern, 
doch schließlich erkannte Robert die Absenderanschrift: Wilfried Roosen.

Robert setzte sich ins Auto und atmete tief durch, bevor er das Päckchen öffnete. 
Zum Vorschein kamen die goldene Schatulle und ein Briefkuvert. 
Roberts Hände zitterten, als er die Notiz las: 
"Bitte übergeben Sie nach meinem Tod diese Schatulle mit Inhalt an Robert Sichter. 
Sie enthält das, was mir in meinem Leben am wichtigsten war.

" Ein kleiner goldener Schlüssel klebte auf dem Brief.
Robert standen die Tränen in den Augen und sein Herz raste,
als er den Schlüssel nahm, und die Schatulle öffnete. 
Sie enthielt eine wunderschöne goldene Taschenuhr. 

Roberts Finger glitten über das wunderbar gearbeitete Gehäuse. 
Der Uhrdeckel sprang auf. Darin standen die eingravierten Worte: 

"Robert, vielen Dank für deine Zeit! - Harald Roosen"

"Meine Zeit war es, die ihm am wertvollsten war!" 

Robert hielt die Uhr eine ganze Weile in der Hand, bevor er zum Handy griff 
und im Büro anrief. Er sagte alle Termine für die kommenden beiden Tage ab.
"Aber warum denn das?" fragte seine Sekretärin irritiert.
"Ich möchte ein wenig Zeit mit meinem Sohn verbringen", antwortete Robert.


(c)MR 





Es ist eine wunderbare Geschichte, wie ich finde.

Zeit ist manchmal zu kurz, wenn man glücklich ist und zu lang,
wenn die Traurigkeit einen überkommt.
Oft vergessen wir, das wir nicht unendlich Zeit haben,
um die Dinge zu tun, die uns glücklich machen.

Wir halten uns fest an Vergangenem, an Verletzungen,
an Erinnerungen, an das was unsere Seele oder unser Herz
berührte und vergessen, wie wichtig es ist, die Zeit im JETZT
zu leben und sie mit allen Sinnen zu genießen.
Wir hoffen darauf das sich ein lieber Mensch meldet, 

ohne selbst aktiv zu werden. Wir scheuen die Chancen, 

die uns geboten werden, ohne zu wissen, 

ob sie noch einmal kommen. 

Aber was ist Heute?

Wäre heute nicht der richtige Tag, um Entscheidungen 

zu treffen, Dinge zu tun, die wir noch nie getan haben,
zu lachen, sich zu freuen oder einem Menschen zu sagen:
"Hey, es ist schön, das es dich gibt, ich schätze dich, 

ich mag dich, ich liebe dich oder ich kann dich nicht vergessen!" 

Wir sagen all diese Dinge zu selten,
weil wir denken, das die Menschen in unserem Leben 

dieses wissen.
Wir vertrauen darauf, das die Zeit alles richtet und das 

irgendwann der richtige Moment kommt, aber wer weiß, 

was das MORGEN bringt und ob es diesen Moment dann noch

geben wird!


Ich wünsche Euch, das ihr euch immer die Zeit nehmt Dinge zu tun, die euer Herz erfreuen und an die Menschen denkt, die wichtig in eurem Leben sind.

Eine schöne Restwoche und alles Liebe,
Mona

Mittwoch, 11. September 2013


In Erinnerung an meinen Papa
   *29.04.37                † 12.09.12


(c)MR



Wenn ich gegangen bin, dann...

Wenn ich gegangen bin, dann sprecht nicht vom Tod,
weil ich immer unter euch weile.
Erzählt von der Liebe, die uns verband!
Weint nicht, weil ihr mich verloren glaubt,
sondern zeigt mir die Stelle in euren Herzen,
in der ich ewiglich meinen Platz finden kann.
Erzählt von mir, aber verliert euch nicht in der Vergangenheit,
sondern lasst mich teilhaben an der Freude, die ihr im Heute erlebt.
Denkt an mich und ich werde wissen,
das ich niemals vergessen bin.

(c) Mona Reich




Auf den Flügeln der Zeit fliegt die Traurigkeit dahin.
Jean de La Fontaine


Man lebt zweimal: 
 Das erste Mal in der Wirklichkeit, das zweite Mal in der Erinnerung!

Honore de Balzac

Mittwoch, 28. August 2013

Frag mich nicht...

Frag mich nicht
nach meiner Vergangenheit,
wenn du nur für den Augenblick lebst.

Frag mich nicht,
was mich gerade bewegt,
wenn du es schon morgen vergessen hast.

Male mir die Welt niemals rosarot,
wenn du sie nur schwarz siehst,
es könnte sein, das ich mich darin verliere.

Zeige mir nie den Punkt,
an dem ich dein wahres Ich fühlen kann,
wenn du nicht willst, das ich dich festhalte.

Hole mir keine Sterne vom Himmel,
denn sollten wir uns mal verlieren,
erhellen sie uns den Weg.

Sei mir niemals nahe,
wenn ich deinem Herzen fern bin.

Aber lass mich wissen, wann aus diesem Traum Wirklichkeit
wird.

(c) Mona Reich aus dem Buch "Seelengeflüster"



Bild:Laura Reich

Dienstag, 27. August 2013

Was ist das Leben?



Ein Mann kam zum Meister.
“Herr, ich brauche deinen Rat. Ich bin ein reicher Mann, aber alle wollen mir nur Böses. Das Leben ist ein Kampf.”
“Höre auf zu kämpfen.” lautete die Antwort des Alten.
Der Mann konnte mit dieser Antwort nichts anfangen. Er war wütend und stapfte davon. In den folgenden Monaten kämpfte er mit jedem, der sich ihm näherte und machte sich viele Feinde. Vollkommen erschöpft kam er nach einem Jahr wieder.
“Ach Herr, ich mag nicht mehr kämpfen. Das Leben wiegt so schwer – es ist eine Last.”
“Erleichtere dich von dem Gewicht.” lautete die Antwort.
Der Mann war wieder verärgert angesichts dieser Antwort, die er nicht verstand und ging. In dem folgenden Jahr verlor er alles Hab und Gut. Seine Frau verließ ihn und nahm die Kinder mit. Vollkommen mittellos kam er zum Meister.
“Herr, das Leben ist keine Last mehr, denn ich habe alles verloren. Das Leben ist ein Elend.”
“Höre auf zu leiden.”
Diesmal war der Mann nur traurig über die Antwort, die ihm nicht weiterhalf. Er ging nicht weit, sondern blieb am Fuße des Berges sitzen, auf dem der Meister wohnte. Er weinte und weinte – tagelang, wochenlang, monatelang.
Nachdem keine einzige Träne mehr in ihm war, hob er den Blick. Es war ein früher Morgen und die Sonne ging gerade auf. Er stand auf und ging zum Meister.
Diesmal fragte er den Alten “Herr, was ist das Leben?”
Der Meister lächelte liebevoll und sagte zu ihm: “Eine aufgehende Sonne an einem neuen Tag.”


(c)Tania Konnerth 
aus dem Buch: "Leben kann so einfach sein"